Kreatin ist ein Nahrungsergänzungsmittel, das häufig von hart trainierenden Sportlern und Bodybuildern eingenommen wird, um die Kraft zu steigern, Müdigkeit vorzubeugen und die Muskelerholung zu verbessern. Obwohl es eines der am häufigsten erforschten Nahrungsergänzungsmittel im Bereich der Sporternährung ist, gibt es im Zusammenhang damit immer noch viele Missverständnisse. Lassen Sie uns einige der häufigsten Mythen über dieses beliebte Nahrungsergänzungsmittel entlarven.

‌‌‌‌Mythos: Kreatin wirkt wie ein anaboles Steroid

In Wirklichkeit ist die chemische Struktur von Kreatin der eines Steroidmoleküls nicht einmal ähnlich. Kreatin ist eine Verbindung, die sich aus Aminosäuren ableitet. Es kommt auf natürliche Weise im Körper sowie in Lebensmitteln (wie Fleisch und Fisch) vor. Ungefähr 95 % des im Körper befindlichen Kreatins wird in den Muskeln gespeichert. Die restlichen 5 % befinden sich im Gehirn, in der Leber sowie in den Nieren.

Kreatin dient dazu, die Körperzellen, insbesondere die Muskelzellen, mit Energie zu versorgen.  Adenosintriphosphat oder ATP ist das Molekül, das der Körper hauptsächlich zur Energiegewinnung verwendet. Kreatin trägt zur Steigerung der ATP-Produktion des Körpers bei.  Durch die Bereitstellung einer höheren ATP-Menge kann Kreatin die Trainingsleistung verbessern.

‌‌‌‌Mythos: Man kann mit Kreatin die Muskelmasse erhöhen, ohne zu trainieren

Untersuchungen haben gezeigt, dass Patienten, die unter einer Muskeldystrophie leiden und Kreatin einnehmen, mehr Kraft entwickeln, obwohl sie nicht trainieren. Bei gesunden Menschen sollte der Kreatinkonsum jedoch mit einem Krafttraining kombiniert werden, um eine spürbare Wirkung zu erzielen. 

‌‌‌‌Mythos: Die Einnahme von Kreatin vor einem Langstreckenlauf steigert die Laufleistung

Die Einnahme von Kreatin als Pre-Workout-Nahrungsergänzungsmittel vor einem Langstreckenlauf wirkt sich nicht auf die Laufleistung aus. Der Nutzen einer Einnahme von Kreatin zur Durchführung hochintensiver Trainingseinheiten wurde in vielen Studien belegt. Allerdings konnte im Fall von wenig intensiven Ausdauertrainings kaum eine Wirkung festgestellt werden. Läufer können jedoch von Kreatin profitieren, wenn sie hochintensive Trainingseinheiten in ihr Trainingsprogramm einbeziehen. Durch intensives Training können Läufer die Kernkraft steigern, die Ausdauer erhöhen und die Laufleistung verbessern.

‌‌‌‌Mythos: Kreatin fördert die Zunahme des Fettanteils

Die Gewichtszunahme, die zu Beginn der Einnahme von Kreatin auftritt, ist nicht auf die Zunahme des Körperfettanteils zurückzuführen, sondern auf den erhöhten Wassergehalt im Muskelgewebe. Das Kreatinmolekül besitzt eine hohe Wasseranziehungskraft und befördert das Wasser dadurch in die Muskeln.

Langfristig kann bei Personen, die Kreatin einnehmen, eine anhaltende Gewichtszunahme beobachtet werden. Dies ist jedoch im Allgemeinen auf ein erhöhtes Muskelwachstum zurückzuführen, nicht auf eine Zunahme des Fettanteils. 

‌‌‌‌Mythos: Kreatin bewirkt Wassereinlagerungen im Körper

Viele Bodybuilder, die Kreatin einnehmen, sind der Auffassung, dass eine Nahrungsergänzung mit Kreatin dazu führt, dass der Körper übermäßig viel Wasser einlagert, was sich auf ihre Muskeldefinition auswirkt und die Muskeln „weich“ aussehen lässt. Deshalb hören sie einige Wochen vor einem Wettbewerb auf, Kreatin einzunehmen. 

Wie bereits erwähnt, wird der größte Teil des Kreatins jedoch in den Muskeln gespeichert. Es wäre daher schwierig zu erklären, wie sich Wasser subkutan (d. h. „unter der Haut“) ansammeln könnte. Viel wahrscheinlicher ist es, dass das subkutan eingelagerte Wasser, das ein „weiches“ Aussehen der Muskeln bewirkt, nicht auf Kreatin selbst zurückzuführen ist, sondern auf die Verwendung eines Kreatinprodukts von geringer Qualität, das möglicherweise zu viel Natrium enthält. 

‌‌‌‌Mythos: Kreatin verursacht Krämpfe und Dehydratisierung

Da Kreatin Wasser anzieht und dieses in den Muskeln gespeichert wird, gehen viele davon aus, dass eine Nahrungsergänzung mit Kreatin den Wasserbedarf des Körpers erheblich erhöht und somit zu Dehydratisierung und Krämpfen führt. In keiner Studie konnte jedoch bisher gezeigt werden, dass Kreatin Krämpfe und Dehydratisierung verursacht. Tatsächlich gibt es sogar einige Hinweise darauf, dass die Einnahme von Kreatin dazu beitragen kann, das Risiko dieser Beschwerden zu verringern. 

Eine im British Journal of Sports Medicine veröffentlichte Studie enthüllte, dass die Einnahme von Kreatin bei warmem Wetter zu einer verbesserten sportlichen Leistungsfähigkeit führte, indem die Körpertemperatur dank einer verringerten Herzfrequenz und Schweißausscheidung aufrechterhalten wurde. Eine andere Studie an College-Athleten zeigte, dass Kreatinkonsumenten weniger unter Krämpfen, Dehydratisierung oder Muskelverletzungen litten als diejenigen, die kein Kreatin zu sich nahmen.

Zur Durchführung eines sicheren und effektiven Trainings sollte darauf geachtet werden, den Körper mit einer ausreichenden Menge an Flüssigkeit zu versorgen. Es ist jedoch nicht erforderlich, übermäßig viel Wasser zu trinken.

‌‌‌‌Mythos: Schon kurz nach Absetzen des Kreatins beginnt die gewonnene Muskelmasse zu schrumpfen

Es kann sein, dass der Muskelumfang nach Absetzen des Kreatins abnimmt. Solange man alle anderen Aspekte des Fitnessprogramms mit einer gesunden Ernährung und Krafttraining beibehält, kann die Kraft und trockene Muskelmasse erhalten werden.

‌‌‌‌Mythos: Es besteht keine Notwendigkeit, Kreatin als Nahrungsergänzung einzunehmen, da es in Lebensmitteln enthalten ist

Obwohl Kreatin in bestimmten Lebensmitteln auf natürliche Weise vorkommt, müsste man eine überaus große Menge dieser Lebensmittel zu sich nehmen, um denselben Nutzen wie aus einer durchschnittlichen Dosis eines Kreatinpräparats zu erhalten.

‌‌‌‌Mythos: Es empfiehlt sich, diese neuere Form von Kreatin zu wählen, da sie besser ist als Kreatinmonohydrat

In der überwiegenden Mehrheit (über 95 %) der Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit von Kreatin wurde Kreatinmonohydrat verwendet. Zwar sind mittlerweile auch anderen Formen von Kreatin erhältlich, die ihre eigenen Vorzüge haben könnten, jedoch sind sie bei weitem nicht so gut erforscht.  

‌‌‌‌Mythos: Um die Wirksamkeit von Kreatinmonohydrat zu steigern, sollte es zusammen mit Zucker eingenommen werden

Das Muskelgewebe ist in der Lage, Kreatin auf ausreichend effektive Weise aufzunehmen. Insulin kann die Aufnahme von Kreatin durch die Muskeln verbessern. Allerdings geschieht dies nur dann, wenn es in sehr hohen Mengen vorhanden ist. 

Um eine echte Auswirkung auf die Absorption zu erzielen, müsste man eine ziemlich hohe Dosis (mehr als 100 Gramm) Zucker oder einfache Kohlenhydrate zu sich nehmen, die möglicherweise nicht zur Gesundheit oder den individuellen sportlichen Zielen beitragen. 

‌‌‌‌Mythos: Kreatin eignet sich nur für männliche Athleten

Es herrscht ein weit verbreitetes Missverständnis vor, dass Kreatin nur für männliche Sportler und Bodybuilder geeignet ist. Jedoch könnten auch andere Bevölkerungsgruppen davon profitieren. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Kreatin für Frauen oder ältere Erwachsene ungeeignet sein könnte. 

‌‌‌‌Mythos: Kreatin erfordert zu Beginn eine extrem hohe Dosierung

Die übliche anfängliche Tagesdosis beträgt in den ersten fünf bis sieben Tagen 0,3 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht. Danach sollten höchstens fünf Gramm pro Tag eingenommen werden. In einigen Untersuchungen wurde jedoch gezeigt, dass die tägliche Einnahme von nur drei Gramm Kreatin über einen Zeitraum von vier Wochen zu denselben Ergebnissen führen kann wie das Einnehmen einer höheren Anfangsdosis.

‌‌‌‌Mythos: Kreatin sollte zyklisch eingenommen werden

Zunächst empfahlen Experten, Kreatin zwei bis drei Monate lang einzunehmen und dann abzusetzen. Dieser Zyklus wurde aufgrund der damaligen Ungewissheit hinsichtlich der Sicherheit von Kreatin empfohlen. Nun, da umfangreiche Forschungsarbeiten vorliegen, bereitet dies jedoch keine Bedenken mehr. 

Weiterhin wurde behauptet, dass die Einnahme von Kreatin über lange Zeiträume hinweg zu einer verminderten Aufnahme und Wirksamkeit führen könnte. Aber auch diese Vermutung konnte in Humanstudien nicht bestätigt werden.

Da Kreatin seine Wirkung erst dann entfaltet, wenn es einen Sättigungspunkt im Körper erreicht, erscheint es ratsam, Kreatin durchgehend einzunehmen.

‌‌‌‌Mythos: Kreatin erhöht das Risiko einer Rhabdomyolyse

Bei einem der Tests zur Diagnose der Rhabdomyolyse, einer Erkrankung, bei der sich die Muskeln auflösen, wird der Gehalt an Kreatinkinase im Blut gemessen. Kreatinkinase ist ein Enzym, das von geschädigten Muskeln freigesetzt wird. Obwohl die Kreatinkinasemenge bei einer Nahrungsergänzung mit Kreatin leicht ansteigt, bewirkt diese Erhöhung nicht annähernd den Wert, der im Fall einer Rhabdomyolyse vorherrscht.

‌‌‌‌Mythos: Kreatin reizt den Magen

Zwar kann eine übermäßige Dosierung eines jeden Nahrungsergänzungsmittels zu Verdauungsproblemen führen, jedoch verursachen empfohlene Tagesmengen an Kreatin nur selten Magenverstimmungen.  In einer Studie, in der die Teilnehmer die empfohlene Dosis von fünf Gramm einnahmen, gab es keinen einzigen Fall, in dem Verdauungsprobleme auftraten. Bei einer Dosis von zehn Gramm stieg allerdings das Durchfallrisiko um 37 % an. 

Daher beträgt die empfohlene Dosis drei bis fünf Gramm pro Tag. Wer seinem Körper in der Anfangsphase 20 Gramm täglich zuführen will, sollte diese Menge in vier Dosen zu je fünf Gramm aufteilen und über den Tag verteilt zu sich nehmen.

‌‌‌‌Mythos: Kreatin ist schlecht für die Nieren

Die Nahrungsergänzung mit Kreatin kann den Kreatininspiegel im Blut leicht erhöhen. Bei Kreatinin handelt es sich um ein Abfallprodukt, das von den Muskeln erzeugt wird. Gesunde Nieren können Kreatinin herausfiltern, indem sie es dem Blut entnehmen und zur Ausscheidung über den Urin weiterbefördern. 

Ärzte messen den Kreatininspiegel, um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie gut die Nieren funktionieren. Ein hoher Kreatininspiegel dient jedoch als Indikator für ein potenzielles Gesundheitsproblem und stellt an sich nicht unbedingt ein Problem dar. 

Zwar kann die Nahrungsergänzung mit Kreatin den Kreatininspiegel erhöhen, jedoch bedeutet dies nicht, dass es die Nieren schädigt. Gesunde Nieren können mit dieser zusätzlichen Menge an Kreatin umgehen. 

Studien haben gezeigt, dass weder kurz- noch mittel- oder langfristig eingenommene Kreatinpräparate die Nierenfunktion beeinträchtigen. Es bestehen wenig Bedenken, dass Kreatin die Nieren schädigen könnte, es sei denn, es liegt bereits eine Nierenerkrankung vor.

Hinweis: Wie bei jeder Umstellung der Ernährung oder der Nahrungsergänzung sollten Sie Ihren Arzt konsultieren, bevor Sie mit der Einnahme eines Kreatinpräparats beginnen. Dies ist besonders wichtig, wenn Sie Medikamente einnehmen, die den Blutzucker oder die Leber- bzw. Nierenfunktion beeinflussen. Schwangere oder stillende Frauen sowie Menschen mit irgendwelchen Erkrankungen sollten ebenfalls mit ihrem Arzt besprechen, ob eine Nahrungsergänzung mit Kreatin angebracht ist.

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